FEST DER HL. FAMILIE

28.12.2014

Lesungen:  Kol 3,12-16 / Lk 2,22-24.39-40

Gedanken zum Fest

1921 wurde das „Fest der Hl. Familie“ eingeführt: Der 1. Weltkrieg hatte alles erschüttert und durcheinander gebracht: Das Fest der Heiligen Familie sollte bestimmte Lebenswerte, die verdrängt oder verloren gegangen waren, wieder in den Mittelpunkt stellen.

Vielleicht war es oft ein Missverständnis, die „Heilige Familie“ als die vollkommene Familie, als ein zu hohes Ideal darzustellen? Dieses Fest wollte aber den unersetzlichen Wert der Familie für das Leben eines Menschen vor Augen stellen.

Zunächst einmal ist es gut festzuhalten, dass auch die Familie von Jesus nicht so spannungsfrei war.

* Denken wir daran, wie Jesus im Lukasevangelium als Zwölfjähriger im Tempel zurückblieb, und auf die Frage seiner Mutter („Kind, warum hast du uns das angetan?“) einfach nur antwortet: „Wie konntet ihr mich suchen? Wusstet ihr nicht, dass ich im Haus meines Vaters sein muss?“ Seine Eltern verstanden nicht, was er damit meinte. Aber hier klingt es schon an: Für Jesus war die Familie nicht der höchste Wert. Für ihn stand Gott an erster Stelle.

* Das wird später dann im Markusevangelium, Kap. 3, bestätigt: Seine Mutter und seine Brüder wollten zu ihm, konnten ihn aber wegen der vielen Leuten nicht erreichen. Man sagte dann zu Jesus: „Deine Mutter und deine Brüder stehen draußen und wollen dich sehen.“ Auf die Menschen um ihm herum blickend antwortet Jesus dann: „Das sind meine Mutter und meine Brüder. Wer nach dem Willen Gottes handelt, der ist für mich Bruder, Schwester und Mutter.“ Gott ist also wichtiger als alles andere, auch als die Familie.

* Im Markusevangelium finden wir auch die Stelle, wo die Angehörigen von Jesus eingreifen wollen: „Seine Angehörigen ... machten sich auf den Weg, um ihn mit Gewalt zurückzuholen; denn sie sagten: Er ist von Sinnen.“

* Oder denken wir an die Szene im Johannesevangelium, wo es einen Konflikt mit seinen Brüdern gibt und wo ausdrücklich gesagt wird: „Auch seine Brüder glaubten nämlich nicht an ihn.“

* Und schließlich hat Jesus seine Familie verlassen, statt – wie es üblich war – für seine Eltern zu sorgen. Er schloss sich der Taufbewegung von Johannes an. Für Jesus stand Gott über allem, auch über der Familie.

Betrachten wir also - als Christen - die Familie nicht als höchstes Gut, sondern als einen sehr wichtigen Lebens- und Beziehungsraum, um wirklich Mensch werden zu können. Hier soll man an erster Stelle die Grunderfahrungen machen und kennen lernen können, die man für das ganze Leben braucht.

Im Ausschnitt des Kolosserbriefes hörten wir gerade einige Beispiele. Obwohl dieser Text schon fast 2000 Jahre alt ist, nennt er Grundwerte, die immer noch wichtig sind:

„Zeigt echtes Mitgefühl, seid entgegenkommend und anspruchslos. Übt euch in Nachsicht und Toleranz. Ertragt einander und seid bereit, einander zu vergeben, selbst wenn ihr glaubt, im Recht zu sein... Die Liebe ist also das Band, das alles zusammenhält, und sie führt euch zu vollendeter Einheit.“ Es ist die wichtigste Aufgabe einer christlichen Familie, dass die Kinder lernen zu lieben, liebesfähig zu werden und zwar durch die Liebespraxis, die sie von Klein auf erfahren, kennen lernen und auch mitvollziehen.

Die Familie ist und bleibt auch die Grundschule des Glaubens. Im Evangelium wird erzählt, wie Maria und Josef als Juden an der jüdischen Glaubenspraxis teilnahmen und nach den Gesetzen des Mose lebten. In dieser Familie lernte Jesus dann auch beten und glauben. Und im Kolosserbrief wird hinzugefügt: „Lasst die Botschaft von Christus ihren ganzen Reichtum bei euch entfalten. Helft einander, sie zu verstehen und Freude daran zu haben. Ermutigt und ermahnt euch gegenseitig und dankt Gott mit Psalmen, Lobgesängen und Liedern“ - durch Gebet also.

Die Familie ist also kein Selbstzweck, sie ist aber eine Lebensform, die zu den Grundvoraussetzungen unseres menschlichen und christlichen Lebens gehört. Hier werden die Grundsteine für das spätere Leben gelegt. Hier lernt man - in der Praxis - die Grundwerte kennen, die uns helfen ein sinnvolles und gelungenes Leben zu führen.

Es ist die Frage, ob unsere christlichen Familien sich heute dessen noch genügend bewusst sind. Sind sie wirklich der Lebensraum, in dem sich Kinder zu wertvollen und gläubigen Menschen entwickeln können? Das Fest der Hl. Familie erinnert uns daran.

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